Kernkraft

Kosteneinsparung durch Daten-Analyse und User Research

Geschrieben von Jenny Funk veröffentlich am in der Kategorie UX
User Research, Datenanalyse, Konzept

In der täglichen Projektarbeit fällt es häufig schwer, die richtigen Fragen zu stellen. Es lohnt sich für das Projekt und das Portemonnaie, sich dieser Herausforderung zu stellen. Das zeigt auch unser Vorgehen bei einem unserer langjährigen Auftraggeber.

Warum Skepsis schlechte User Interface-Lösungen verursachen kann

Nach unserer Erfahrung gehen viele Projekt-Verantwortliche davon aus, dass User Research nicht notwendig für ihr Vorhaben ist. Sie verknüpfen die Disziplin mit hohen Aufwänden und hohen Kosten. Möglicherweise wird der Begriff “Research” gleichgesetzt mit der natur- oder sozialwissenschaftlichen Forschungsarbeit, die tatsächlich häufig mehrere Jahre in Anspruch nimmt.

Aufgrund dieser Skepsis werden in vielen Digitalisierungs-Projekten leider immer noch Anforderungen und Ideen ohne NutzerInnen entwickelt. Nach dem “Go Live” wird dann festgestellt, dass sich das Produkt nicht verbessert hat oder im schlimmsten Fall Features in der Praxis als unbrauchbar erweisen.

Die unterschätzte Vielfalt von User Research-Methoden

UX Consultants üben sich darin, dieser Skepsis und Vorbehalten den Nährboden zu entziehen. Ein nicht zu vernachlässigender Vorteil im User Research ist die Methoden-Vielfalt. Auftraggebern ist häufig die Spannbreite von User Research-Methoden nicht bekannt. Die Entscheidung welche Methodik sinnvoll ist, hängt von der Problemstellung und dem User Research-Ziel ab. Nicht immer ist jedoch eine aufwändige Nutzertest-Reihe notwendig, um valide Antworten zu erhalten.

Gemeinsam mit einem unserer langjährigen Auftraggeber aus dem Energiesektor fanden wir heraus, dass ein voraussehbar teures Projekt nicht zielführend gewesen wäre. Mithilfe von Statistiken und der „nutzerzentrierten Brille“ ermittelten wir, dass Optimierungen bereits mit einfachen und kostengünstigen Mitteln erreicht werden können.

Schritt 1: Annahmen herausfordern mithilfe von Daten-Analyse

Bei unserem Auftraggeber rückte ein Service in den Fokus, der technisch auf den neuesten Stand gebracht werden sollte. Ziel des Service ist die Anmeldung und Regulierung zur Einspeisung von Energie in ein Energienetz. Um das zu ermöglichen sind viele fachliche Daten und Angaben notwendig. Daher stellt sich der Service in einem höchstkomplexen Formular dar.

Einer der zentralen Fragen im UX “Wer nutzt den Service?” wurde zu Beginn mit der Annahme beantwortet, dass das Formular größtenteils von Laien aber auch von fachlich versierten Personen ausgefüllt wird. Für den Auftraggeber stellte sich die anschließende Frage: “Wie umfangreich müssen wir das Formular umbauen, um eine höhere Zufriedenheit bei allen Nutzern zu erreichen”?

Doch zunächst wollten wir die Nutzergruppen-Annahme herausfordern. Unser Projektmanager empfahl, Nutzergruppen und Nutzungskontexte von unserem UX-Team evaluieren zu lassen. Von großem Vorteil war, dass wir auf Statistiken und Nutzungsdaten zugreifen konnten. Und diese zeigten uns, dass der Großteil der Nutzer fachlich versiert ist. Die zu Beginn gestellte Annahme erwies sich also als falsch. Durch diese Erkenntnis waren wir uns mit unserem Auftraggeber einig, dass der Optimierungs-Scope schließlich mithilfe von Kurz-Interviews ermittelt werden sollte.

Schritt 2: Scope ermitteln durch Kurz-Interviews

Die Kurz-Interviews führten wir gemeinsam mit unserem Auftraggeber. So erhielt auch der Projekt-Verantwortliche auf Auftraggeberseite ungefiltert alle Informationen direkt von den Nutzern. Mithilfe von offenen Fragen erfuhren wir durch Erzählung und Beschreibung aus erster Hand, wie das Formular genutzt wird und welche Schwachstellen es rund um das Formular gibt. Aus den Nutzungsbeschreibungen konnten wir schlussfolgern, dass ein größerer Umbau nicht notwendig ist.

Relevante Optimierungen statt Relaunch

Die Frage “Ist ein kompletter Relaunch, der alles verändert, eine gute Lösung”  sollte bei jedem Projekt gestellt und diskutiert werden. In diesem Projekt haben wir durch Daten-Analyse und Kurz-Interviews aufgedeckt, dass das Formular nicht für Laien optimiert werden musste. Damit entkräfteten wir die vorangegangene Annahme und vermieden einen vollumfänglichen Relaunch. Fachlich versierte Nutzer sind Wiederkehrer und sind das Formular gewöhnt. Eine grundlegende Neu-Konzeption hätte zu einer Umgewöhnungszeit und damit einhergehend zu Unzufriedenheit geführt. Stattdessen konnten wir für Nutzer relevante Optimierungs-Vorschläge aufnehmen, die nun spezifiziert und entwickelt werden.